Als wir, der SoWi-Leistungskurs von Herrn Thomalla und der Grundkurs von Herrn Waßenberg aus den Stufen 12 und Q1, uns am 31. Mai morgens vor den Türen des Musikraums versammelten, wusste noch niemand so recht, was uns die nächsten 8 Stunden erwarten sollte. Nur so viel: Ein Planspiel zum Thema Europa.
Diejenigen, die bei einem Planspiel immer noch die Vorstellung einer Schnitzeljagd oder Schatzsuche im Kopf hatten, wurden rasch aufgeklärt: Im kaum wiederzuerkennenden Musikraum, der mit EU-Flaggen, großem Pult und parlamentsähnlicher Sitzordnung schon fast wie im Fernsehen aussah, erklärten uns die die beiden Spielleiter Anke Schmitt und Christoph Kittel womit wir den Tag verbringen würden.
Das Planspiel wird von der Vertretung der Europäischen Kommission in Bonn ausgerichtet, und lässt Schüler den Gesetzgebungsprozess auf Europa-Ebene nachvollziehen, indem dieser vereinfacht einmal komplett durchgespielt wird.
Unsere Aufgabe war es also, eine EU-übergreifende Regelung zum Einsatz von Biokraftstoffen durchzusetzen. Über das Thema informiert wurden wir in einer kurzen Einführung. Danach wurde für jeden eine Rolle ausgelost und es ging los:
Für den kommenden Tag waren wir entweder in den unterschiedlichen Fraktionen im Parlament eingeteilt, ein Vertreter eines der sieben Länder im Ministerrat, Mitglied der Kommission oder Lobbyist, zum Beispiel als Vertreter der Autoindustrie. Der Einfachheit halber wurde schließlich zur Wahl der entsprechenden Vorsitzenden der Gruppen das Prinzip der Klassensprecherwahl angewendet – Rein demokratisch ging es auf jeden Fall immer zu.
Die Kommission hatte dann auch gleich zu Anfang die schwierigste Aufgabe in der ersten der sechs Phasen, die „unser“ Gesetz durchlaufen musste: Den Entwurf aufstellen. Schon bald war die Einführung der Kraftstoffe in den nächsten Jahren vorgeschlagen, geregelt durch immerhin drei Artikel und wie im echten Leben natürlich auch mit Konsequenzen bei Nichteinhaltung verbunden.
Nun durchlief der Entwurf die unterschiedlichen Diskussionen im Parlament und Rat. Durch unsere Rollenkarten waren uns die Grundpositionen vorgeschrieben und wer zum Beispiel das Glück hatte, europaskeptisch eingestellt sein zu müssen, hatte es schon mal etwas schwer, sich mit seinem Vorschlag, den Ländern einfach nichts vorzuschreiben, durchzusetzen.
Schließlich wurde sich in den unterschiedlichen Diskussionen aber doch auf Änderungsvorschläge geeinigt, wobei man merken konnte, dass wir zumindest in einem unseren Politikern um nichts nachstehen: Der Verschiebungstaktik. Die Verlängerung der Frist um mehrere Jahre war die Änderung, auf die sich am eindeutigsten und schnellsten geeinigt wurde.In der großen Diskussion zum Abschluss, der finalen Abstimmung, waren wir wieder alle vereint und mussten uns nun noch ein letztes Mal einigen.
Im Vergleich zu den langen Diskussionen vorher wurde über das endgültige Gesetz schließlich doch relativ schnell abgestimmt. Und auch wenn sich so mancher Lobbyist übergangen fühlte und ein paar politische Randgruppen immer noch nicht zu überzeugend waren – jedem Recht machen kann man es schließlich nie und so waren wir und die Spielleiter am Ende des Tages mit unserem Gesetz zufrieden: Wenn es nach uns gehen würde, wären bis 2025 EU-weit Biokrafstoffe eingeführt, es würde mit E20 gefahren und wer sich nicht dran hält würde oben drauf noch zusätzlich für den Umweltschutz zahlen.
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